Warum Katzen schnurren: Wissenschaftliche Einsichten in ein vielschichtiges Verhalten
Schnurren ist mehr als ein Zeichen von Zufriedenheit – es ist ein komplexes Kommunikations‑ und Heilungsinstrument der Natur.
Tierärzte und Verhaltensforscher betonen: Schnurren dient nicht nur emotionalem Ausdruck, sondern auch physiologischer Regulation und sozialem Austausch.
Wie entsteht das Schnurren physiologisch?
Katzen erzeugen das Schnurren durch rasches Zusammenziehen und Entspannen der Larynxmuskulatur. Gleichzeitig spielt ein neuronaler Oszillator eine Rolle, der rhythmische Signale an diese Muskeln sendet.
Das Besondere: Schnurren erfolgt sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen. Diese kontinuierliche Vibrationsquelle unterscheidet es von anderen Lautäusserungen wie Maunzen oder Fauchen.
Die Frequenz des Schnurrens liegt meist zwischen 25 und 150 Hertz. Dieser Bereich deckt sich mit Frequenzen, die in Studien mit Heilungsprozessen und Förderung der Knochenstärke in Verbindung gebracht werden.
Jüngste Forschung (Herbst, Prigge et al. 2023) zeigt: Keineswegs alle Schnurrfrequenzen erfordern bewusste Muskelkontraktionen; teilweise können anatomische Strukturen allein Resonanzen erzeugen, die in diesem Frequenzbereich liegen.
Warum schnurren Katzen? Ursachen und Funktionen laut veterinärer Forschung
Schnurren hat nicht nur einen Grund – mehrere zusammenwirkende Motive und Kontexte sind typisch:
- Zufriedenheit und Entspannung: Häufigstes Motiv. Katzen schnurren beim Liegen, beim geknetet werden, wenn Vertrauen vorhanden ist oder eine sichere Umgebung erfahrbar ist.
- Kommunikation zwischen Mutter und Kätzchen: Schon Neugeborene, die blind und taub sind, reagieren auf die Vibrationen der Mutter – ein Signal, dass alles in Ordnung ist.
- Heilung, Schmerzlinderung und physische Regeneration: Schnurrenfrequenzen können Entzündungen mindern, Wunden heilen helfen, Knochen und Muskeln stimulieren.
- Stress, Angst oder Verletzung: Katzen schnurren nicht nur in positiven Situationen, auch wenn sie Schmerzen haben, sich ängstlich fühlen oder in Stress sind. In solchen Fällen dient Schnurren als Selbstberuhigungsmechanismus.
- Aufmerksamkeit oder Bedürfnis: Manche Katzen schnurren, um Futter zu signalisieren, Nähe zu suchen oder Interaktion anzuregen. Diese „solicitationsschnurren“ können einen etwas anderen Charakter haben, z. B. lautere oder drängendere Anteile.
Wann sollte das Schnurren Anlass zur Achtsamkeit sein?
Obwohl Schnurren meist harmlos ist, gibt es Situationen, in denen ein näherer Blick sinnvoll wird:
- Schnurren kombiniert mit offensichtlichem Leiden: Unruhe, Rückzug, Appetitverlust oder Lahmheit.
- Plötzlicher Beginn von starkem Schnurren ohne erkennbaren Grund, verbunden mit physiologischen Stressanzeichen (z. B. schneller Herzschlag, flache Atmung).
- Länger anhaltendes Schnurren bei Krankheit oder Verletzung – könnte Hinweis auf Selbstheilungsversuche sein, aber auch Maskieren von Schmerzen.
- Schnurren in unsicherer Umgebung oder bei Angst – wenn Begleitverhalten zeigt, dass Katze nicht entspannt ist.
Was kann man tun, um das Schnurrverhalten zu verstehen
Um zu erkennen, was das Schnurren bei einer Katze tatsächlich bedeutet, sind folgende Aspekte hilfreich:
- Kontext beobachten: Was geschieht unmittelbar vor und nach dem Schnurren? Ist Katze entspannt, gestreichelt, in der Nähe von Bezugspersonen oder gestresst?
- Körperhaltung merken: Liegt Katze entspannt oder sind Muskeln gespannt? Sind Augen halbgeschlossen? Schwanz ruhig?
- Weitere Signale wahrnehmen: Geräusche, Fressverhalten, Appetit, Aktivität, Atmung, Schmerzanzeichen.
- Tierärztliche Abklärung, falls Verdacht auf Krankheit besteht oder Schmerzen erkennbar sind.
Fazit
Schnurren ist bei Katzen ein multifunktionales Verhalten mit körperlicher, emotionaler und sozialer Bedeutung. Es dient nicht allein der Freude, sondern auch der Heilung, Kommunikation und Regulation. Die Deutung von Schnurren erfordert immer das Zusammenspiel von Lautäusserung, Umgebung, Verhalten und Gesundheit. Nur so lässt sich erkennen, worauf eine Katze mit ihrem Vibrieren wirklich reagiert.
Quelle: katzennews.ch‑Redaktion
Bildquellen: Bild 1: => Symbolbild © larisa Stefanjuk/shutterstock.com; Bild 2: => Symbolbild © Andrii Zastrozhnov/shutterstock.com
